
Wenn von Bohrungen die Rede ist, dann schrillen bei so manchem Bürger die Alarmglocken. Um diese Gedanken in der Bevölkerung von Altenkunstadt gar nicht erst aufkommen zu lassen, eröffnete Professor Dr. Jochen Erbacher von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) seinen Vortrag im Gemeinderat von Altenkunstadt am Dienstagabend mit folgenden Worten: „Wir lösen kein Erdbeben aus, betreiben auch kein Fracking zur Gewinnung von Gas oder suchen nach einem Endlager für radioaktiven Müll.“
Der Grund für die Bohrung, die im Juni dieses Jahres stattfinden und vier bis fünf Wochen dauern soll, ist ein ganz anderer, wie Dr. Thomas Mann, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projekts erläuterte. Bei dem Forschungsprojekt „Sequenzstratigraphie des Aalenium in Süddeutschland“, kurz „SEPIA“ genannt, gehe es darum, neue geologische Informationen über den Aufbau und die Struktur des Untergrundes in der schwäbischen und fränkischen Alb zu gewinnen.
Einblicke in die Struktur des Untergrund der fränkischen Alb
Die geplanten Bohrungen in Altenkunstadt seien Teil eines Forschungsprogrammes, bei der die BGR die aus Festgestein aufgebauten Schichten des Aaleniums, einer nach der Stadt Aalen benannten erdgeschichtlichen Stufe des Mitteljura, vor rund 174 Millionen Jahren erkunde.
Als Leitfossil dieser Zeit nannte Dr. Mann den Ammoniten. Die Wissenschaftler interessieren sich unter anderem für die Entstehungsgeschichte der Gesteinsformationen, aus welchem Material die Schichten genau bestehen und welches exakte geologische Alter sie haben.
Es gab bereits drei Bohrungen in Baden-Württemberg
Drei Bohrungen mit einer Tiefe von 200 bis 250 Metern wurden in den baden-württembergischen Orten Metzingen (2019), Röttingen (2020) und in Hondingen im Schwarzwald (2021) bereits vorgenommen. Die Bohrungen erfolgen entlang einer Südwest-Nordost-Tangente. Quasi als Abrundung soll nun noch „Altenkunstadt als nordöstlichster Ausläufer des Jura“, so Dr. Mann, dazukommen. „Vor 174 Millionen Jahren waren die fränkische und schwäbische Alb komplett von Wasser bedeckt. Rund um den Kordigast war das Meer flacher, weil der Bereich unweit des damaligen Festlands lag“, erläuterte der Experte. Er wies auf die Tonablagerungen hin, die sich rund um den Kordigast finden lassen.
Konkret handelt es sich um den Opalinuston, der Erbacher dazu veranlasste, noch einmal an seine eingangs geäußerten Gedanken anzuknüpfen. Die Schweiz plane ihr Endlager für radioaktive Abfälle im Opalinuston der Nordschweiz, doch die Altenkunstadter müssten sich keine Sorgen machen, stellte der Geologe klar und lieferte die Begründung gleich mit: „Im Bereich der geplanten Bohrung steht der Opalinuston oberflächennah an, also zu flach für ein Endlager. Folglich liegt der Ton unter dem Kordigast auch nicht in einem Teilgebiet, das für eine Endlagerung in Frage kommt.“
Westlich des Gasthofs „Zur Steinernen Hochzeit“
Laut Bürgermeister Robert Hümmer (CSU) befindet sich der Standort für die Bohrung westlich des Gasthauses „Zur Steinernen Hochzeit“ bei der Linde mit Wegkreuz an der Straßenkreuzung. Erbacher bezeichnete den Kordigast als idealen Ort für eine geologische Bohrung, da er sehr eben sei, nicht unter Naturschutz stehe und vermutlich keine tektonischen Störungen bestünden.
Zugleich verwies der Geologe auf ein mögliches Probleme. Bei der Bohrung wird Wasser in das Gestein hineingebohrt. Durch die Karsthohlräume könne es zu einem Spülungsverlust kommen, was zu einem vermehrten Wassertransport führe. Allerdings habe die Bohrfirma ein Interesse daran, wenig zu fahren und stattdessen vor Ort Wasser zu ziehen.
„Aufgrund der Wasserknappheit wird es kaum möglich sein, auf dem Kordigast Wasser zu entnehmen“, erwiderte Georg Deuerling von den Freien Bürgern der Ortsteile (FBO). Die Wegstrecke zur Bohrstelle sei nicht für Schwerlastverkehr ausgelegt. Mögliche Schäden müssten beglichen werden, was Erbacher zusicherte.
Dittrich: Wasserquellen am Kordigast dürfen nicht beeinträchtigt werden
Stephanie Dittrich (Grüne) hatte auf die Wasserquellen auf dem Kordigast hingewiesen, die durch die Bohrung nicht beeinträchtig werden dürften. Auch diesen Punkt werde man im Auge behalten, so der Geologe. Und last but not least werde auch der Eigentümer des Grundstücks auf dem Kordigast entschädigt, sollte es zu Schäden an seinem Grund und Boden kommen, sagte Erbacher.
Veröffentlicht werden die geologischen Ergebnisse der Bohrungen auf einem Geoviewer im Internet und in wissenschaftlicher Fachliteratur. Auch einen Vortrag über die Bohrung in Altenkunstadt könnte sich Erbacher vorstellen. Die Idee Hümmers, mit einer dauerhaften Infotafel an die Bohrung zu erinnern, begrüßte der Experte.
Hackschnitzelanlage für Mittelschule wird vom Freistaat bezuschusst
Zu Beginn der Sitzung hatten sich die Räte zu einem stillen Gedenken an den verstorbenen Altlandrat des Landkreises Lichtenfels Reinhard Leutner erhoben, die mit einer erfreulichen Mitteilung des Bürgermeisters endete: „Der Freistaat Bayern bezuschusst die Hackschnitzelanlage für die Mittelschule Altenkunstadt, deren Baukosten auf rund eine Million Euro geschätzt werden, mit 420.247 Euro.“
Die BGR
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