
Ein sanfter Mairegen geht auf die Fluren und Gärten des Juradorfes nieder, wo es grünt, blüht und wächst – für Landwirte ein richtiges „Wachswetter“, wie es im Frühjahr sein sollte. Auf dem Anwesen von Dr. Hanno Thiele, einem der Vorsitzenden der Bürgerinitiative „Juraschützer“, haben sich etliche Dorfbewohner, Zweiter Bürgermeister Frank Grasser und eine Abordnung der Kreisgruppe Lichtenfels des Bund Naturschutz eingefunden. Etwa eine Stunde Zeit nahm sich Emmi Zeulner, die Bundestagsabgeordnete der CSU, um sich vor Ort zu informieren und dem Vortrag der Sorgen und Nöte der Heimat- und Naturschützer aufmerksam zuzuhören.
Doch schnell stellte sich während der Ausführungen von Hieronymus Thiele, einem weiteren Vorsitzenden der BI, heraus, dass dem Erklärungs- und Klarstellungsbedarf der Bundestagstagsabgeordneten hinsichtlich der Auswirkungen des Bauvorhabens der Firma Lidl unmittelbar Rechnung getragen werden müsse. Alle Redner kamen diesem Wunsch, Zwischenfragen zu stellen, bereitwillig entgegen.
Hieronymus Thiele berichtete: „Schon vor Monaten hat die BI über die ,Projektentwicklung Sturm Logistik GmbH' zahlreiche Informationen über das geplante Lidl-Kühlgutlager gesammelt. Demnach soll nordöstlich, unweit der Ortschaft, auf einem neun Hektar großen Areal ein Baukörper mit einer Fläche bis zu 25 000 Quadratmetern und einer Höhe bis zu 15 Metern errichtet werden.“
Vorhaben widerspricht allen Umweltkonzepten
Dr. Hanno Thiele kritisierte das Vorhaben an diesem Ort: „Es widerspricht allen Umweltkonzepten, hier Logistik anzusiedeln, wie etwa dem Regionalplan Oberfranken-West, dem Klimaanpassungskonzept des Landkreises Bamberg und dem Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept.“ Reinhard Linz von der BI mahnte: „Täglich werden 160 bis 300 Laster rund um die Uhr das Gelände frequentieren, mit allen negativen Begleiterscheinungen wie Lärm, Staub, Kunstlicht, Rangier- und Ankoppelgeräuschen sowie im weiteren Umfeld Verunreinigungen durch Müll und andere Hinterlassenschaften.“
Der Lichtenfelser BN-Kreisvorsitzende Anton Reinhardt wies darauf hin, dass die Auswirkungen des Bauvorhabens von Lidl nicht an den Landkreisgrenzen halt machen: „Stadelhofen ist das südliche Tor zum landschaftlich reizvollen Kleinziegenfelder Tal. Südlich von Weismain haben wir auf der Staatsstraße 2191 eine durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) von nur 2700 Fahrzeugen. Die Kreisstraße LIF12 Wohnsig-Wunkendorf-Modschiedel hat momentan lediglich eine DTV von 700– vorwiegend eigener Ziel- und Quellverkehr aus den Dörfern. Der Landkreis baut nun schon an einer aus BN-Sicht völlig unnötigen Umgehungskreisstraße, die dann als neue Staatsstraße 2191 fungieren soll.“
Auswirkungen des Bauvorhabens aufgezeigt
Hier würde, so Reinhardt, gleichsam der „rote Teppich“ ausgelegt für eine erhebliche Zunahme des Verkehrssstromes mit einer Querverbindung zwischen der Autobahn A 70 und der Bundesstraße B 289 im Maintal. Eine weitere Einladung für den Lidl-Konzern, in Stadelhofen sein riesiges Lager zu errichten. Infolgedessen würde sich die Wohn- und Lebensqualität weiterer Dörfer durch Lärm, Abgase und Staub aus der Hauptwindrichtung Westen erheblich verschlechtern.“

Bezogen auf den grassierenden Flächenfraß rief Anton Reinhardt zum sparsamen Umgang mit dem Grund und Boden auf: „Täglich werden in Bayern durchschnittlich zehn Hektar oder 14 Fußballplätze der freien Landschaft entzogen. Für Gewerbeflächen, Siedlungen, Parkplätze, Straßen und Verkehrswege überbaut, während gleichzeitig vorhandene, bereits erschlossene Gewerbegebiete oder sogar Werkshallen ungenutzt bleiben, Häuser leer stehen und Baulücken nicht vorrangig geschlossen werden. Für das Unternehmen Lidl existieren jedenfalls im Landkreis Bamberg bereits voll erschlossene Gewerbegebiete, die vorzugsweise zu nutzen wären.“
Die Lichtenfelser Kreisrätin Dr. Susann Freiburg von B 90/Die Grünen verstärkte die Aussage: „Es ist ein Akt der Daseinsvorsorge, wenn wir uns alle gemeinsam schützend vor diese nicht beliebig vermehrbare Ressource Natur stellen und nicht weiter Raubbau an unser aller Lebensgrundlage betreiben.“
Noch liegt kein Bauantrag des Unternehmens vor
Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner hob hervor, dass bis dato von dem Unternehmen noch kein Bauantrag bei der Gemeinde eingereicht worden sei und die Erteilung eines Baurechts in erster Linie in den Händen der Kommune, also dem Gemeinderat, liege. Mit Blick auf das Klimaschutzkonzept der Landkreise Lichtenfels und Bamberg forderte sie zu klimafreundlichem Verhalten auf: „Wirtschaftliches Handeln darf nicht im Widerspruch zum Erhalt unserer Natur und Umwelt stehen. Wir alle müssen unseren Beitrag leisten, die ehrgeizigen Ziele unserer Klimavereinbarungen zu erreichen.“
Angesprochen auf eine mögliche Spaltung der Dorfbewohner in Stadelhofen in Befürworter und Gegner der Lidl-Pläne, meinte BI-Sprecher Hieronymus Thiele unter dem Beifall aller Anwesenden: „Es gibt keine Gräben zwischen den Bürgern. Wir kommunizieren offen und ehrlich mit allen. Denn die Wohn- und Lebensqualität unserer Familien ist uns eine Herzensangelegenheit. Für den weltgrößten Lebensmitteldiscounter dürfte es doch kein Problem sein, im Landkreis einen geeigneten anderen Standort zu finden, der bereits als erschlossenes Gewerbegebiet ausgewiesen ist.“
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