
Seit drei Uhr morgens sind die Brauer und ihre Helfer bei der Arbeit. Wenn in der Burgkunstadter Kommunbräu gebraut wird, müssen sie früh aufstehen. „Das ist wie beim Bäcker, schließlich verarbeiten wir auch Getreide“, scherzt Brauer Gerald Poppinger. An diesem Freitag hat das Team 1000 Liter Landbier eingebraut. Bei der Genossenschaft Komm.1059 bedeutet das viel Handarbeit: vom Häckseln des Malzes über das Ansetzen des Suds bis hin zur Reinigung der Anlage. Und am Samstag heißt es für ihn nochmals früh aufstehen: Dann wird Vollbier gebraut. Alle drei bis fünf Wochen treten die Genossen zum Brauen an zwei Tagen hintereinander an. Dann werden im Doppelsudverfahren jeweils 1000 Liter pro Tag eingebraut. Denn die Nachfrage ist groß.
Der erste Brautag im März 2022 habe 15 Stunden gedauert, berichtet Poppinger. Inzwischen haben sich die Handgriffe eingespielt, vieles wurde verbessert. Doch letztlich bleibe es Handwerk, und das bedeute körperliche Arbeit. Gerald Poppinger ist einer von fünf Brauern im Alter von Anfang 20 bis über 70 Jahren, die für die Komm.1059 im Einsatz sind. Brauen ist seine Leidenschaft. Hauptberuflich ist er bei der Burgkunstadter Günther-Bräu tätig, und in der Freizeit experimentiert er zuhause mit Craft-Bier. Konkurrenz gebe es unter Brauern nicht – man kenne sich und helfe einander.
„Wir wollen etwas für die Region schaffen und die Brautradition wieder beleben“, betont Poppinger. Bis in die 1960-er Jahre hinein brauten sieben Wirtshäuser in der Altstadt ihr eigenes Bier, jetzt gibt es nur noch das Gasthaus „Rösla“ am Marktplatz. „Daher war ich sofort Feuer und Flamme, als ich von dem Projekt gehört habe.“

Bewusst haben er und seine Brauerkollegen David Klein, Wolfgang Hanna und Hans Vonbrunn und Matthias Will sich beim ersten Sud für ein Vollbier entschieden. Mit seinem fruchtigen Aroma und fünf bis sechs Prozent Alkohol treffe es den Geschmack vieler Bierfreunde und sei ideal zum Austesten der neuen Anlage gewesen. Regelmäßig wird auch das rötlich-braune Landbier gebraut, und zu Weihnachten haben sie das gehaltvolle und etwas dunklere „Flöckla“ als erstes Spezialbier kreiert. „Das war nach wenigen Wochen ausverkauft“, berichtet Aufsichtsrat Andreas Herold. Allein beim Weihnachtsmarkt seien rund 500 Liter ausgeschenkt worden. Für Brauer Gerald Poppinger das schönste Lob. Die Rezepturen für ihre untergärigen Biere tüfteln die Brauer stets gemeinsam aus, so wie alles in der Genossenschaft. Weitere Spezialbiere sollen folgen.
Als Idee von fünf Freunden ist die Kommunbrauerei entstanden. Ende November 2020 gründeten Ulf Müller (jetzt Aufsichtsratsvorsitzender), Andreas Herold (Aufsichtsrat), Christian Pauler (Aufsichtsrat), Stephan Herold (Finanzvorstand) und Thomas Klein (Technischer Vorstand) die Komm.1059. „Wir sind alle berufstätig, daher war es wichtig, die Aufgaben auf möglichst viele Schultern zu verteilen, was in einer Genossenschaft am besten geht“, berichtet Andreas Herold. Außerdem sei so gewährleistet, dass immer genug Helfer zusammenkommen. Unter dem Motto „Lasst uns gemeinsam Brauereigeschichte schreiben“ warben sie um Mitglieder. Inzwischen sind es über 140, die jeweils einen Anteil von 1500 Euro erworben haben.
Fünf Brauer kreieren zwei Standardbiere und Spezialrezepte
Mit diesem Startkapital erwarben die Genossen eine zehn Jahre alte aber generalüberholte Brauanlage aus Österreich mit einer Kapazität von 500 Litern – mit rund 80.000 Euro die größte Investition. Hinzu kamen Gärtanks aus Edelstahl, eine Abfüllanlage, eine Waschanlage, Fässer und Flaschen sowie ein kleines Kühlhaus.
Das Brauhaus, eine historische Scheune am Polizeirangen, die einst zur Gastwirtschaft Kerling gehörte, mieteten die Genossen. Große Industriefenster mit quadratischen Sprossen lassen viel Licht in das Sudhaus, wo die Edelstahlkessel und -tanks mit den rohen Sandsteinwänden und den Bohlen der Decke einen urigen Kontrast bilden. „Es gibt nichts schöneres, als morgens im Brauhaus den Sonnenaufgang zu erleben und zu wissen, dass wir unsere schöne Region mit einem typischen Produkt bereichern“, schwärmt Vorstand Thomas Klein.
Von Bierkennern und einem eigenen Gründungsmythos
Bedenken angesichts der großen Brauereidichte in Oberfranken eine weitere zu eröffnen, hatten die Genossen nie. „Das ist wie bei Musik: Man hört nicht nur eine Stilrichtung oder eine Band“, meint Andreas Herold. Und gerade die Vielfalt an Biersorten fördere die Kenntnis und den Anspruch der Konsumenten, so dass ein gutes Produkt auch geschätzt werde.

Da die Genossenschaft nicht auf Gewinn ausgerichtet ist, könne man es sich leisten, ausschließlich auf Qualität zu setzen, betont Herold. Bewusst wurde eine etwas altertümliche Flaschenform mit Bügelverschluss gewählt. Natürlich sind auch die Etiketten und Bierfilze (Aufdruck: „What shall wie do with the drunken Seidla?“) von Mitgliedern entworfen, und beim aufwändigen Abfüllen und Etikettieren packen viele Helfer mit an. Sogar eine Schaumstoffkonstruktion, die es ermöglicht, gleichzeitig acht Flaschen zu bekleben, hat ein Genosse entwickelt.
Mit dem Namen Komm.1059 bezieht sich die Genossenschaft bewusst auf das Jahr der ersten urkundlichen Erwähnung Burgkunstadts und auf die sehr alte heimische Brautradition. Sogar einen eigenen Gründungsmythos haben die Genossen erdacht, indem sie auf ihrer Homepage vom historisch verbürgten Burggrafen Aepelin de Counstat berichten, der gelangweilt bei der Synode in Bamberg gesessen und sich nach einem Bier gesehnt habe.
Der Rampenverkauf wird zum beliebten Treffpunkt
Ein beliebter Treffpunkt ist der Rampenverkauf am Freitagnachmittag. Da reicht Genossenschafts–Kassierer Stefan Weich etliche Kästen über die improvisierte Biergarnitur-Theke. Und an den Stehtischen im Hof verweilen nicht nur Genossen gerne, um beim Biereinkaufen noch einen Schluck in fröhlicher Runde zu genießen. Im vorigen Jahr machte sogar eine Gruppe von Radlern aus der Oberpfalz auf der Durchfahrt zufällig Station, so dass der Polizeirangen sich im Handumdrehen zum geselligen Plätzchen verwandelte. Das könnte Schule machen.
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