
Vergeblich haben zahlreiche Bürger gegen den Bau des Windparks Hain–Ost protestiert und Unterschriften gesammelt. In ihren Befürchtungen bestätigt sehen sich die Einwohner der umliegenden Orte, seitdem die fünf Windräder im September in Betrieb gegangen sind. Über „extreme Schlafstörungen und häufig auftretende Kopfschmerzen“ klagen sie in einem Schreiben an Bürgermeisterin Christine Frieß. Ihr Ziel ist eine Drosselung der Windräder, zumindest nachts, um den Geräuschpegel zu senken. Um das zu erreichen, fordern sie vom Landratsamt Kronach eine Überprüfung, ob die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden. Mit einer Unterschriftensammlung wollen sie dieser Forderung Nachdruck verleihen.
„Oft wache ich nachts auf und kann nicht mehr einschlafen, weil die Windräder so brummen. Und morgens fühle ich mich dann wie gerädert“, berichtet Heike Vogl aus Gärtenroth. Ständig erfülle ein Rauschen und Brummen die Luft, zum Teil höre sie sogar lautes Knarren und Quietschen von den Anlagen, wenn der Wind abends zwischen 20.30 und 21 Uhr zunehme. „Es ist, als wohnten wir am Flughafen“, klagt sie. Dabei haben Heike und Michael Vogl ihr schmuckes Haus eigens am Ortsrand von Gärtenroth in der Rosengasse gebaut, um die Natur zu genießen. Tagsüber sei das Rauschen gerade noch erträglich, doch wenn abends die Umgebungsgeräusche nachlassen und der Wind aus Nordosten komme, werde es zur Tortur. „Auf der Terrasse ist es am schlimmsten“, sagt Michael Vogl. Und im Schlafzimmer hören die Eheleute trotz geschlossener Fenster das Rauschen der Rotoren. Der Sohn schläft inzwischen auf der anderen Seite des Hauses, da er als Schichtarbeiter dringend auf die Nachtruhe angewiesen ist. Keine 1000 Meter beträgt die Entfernung vom Wohnhaus der Vogls bis zum ersten Windrad. Eine Reihe von Fichten an der Zufahrt zum Nachbargrundstück schirmt zumindest den Blick vom Garten auf den Reinberg ab, doch den Lärm mildern sie nicht. „Wir könnten wohl noch nicht mal wegziehen, da Häuser in der Nähe von Windparks beim Verkauf bis zu einem Drittel an Wert verlieren“, argwöhnt Michael Vogl.
Ihre Hoffnung setzen die Eheleute auf eine längerfristige, unabhängige Lärmmessung, um zu überprüfen, ob die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden. Bei ihrem Haus dürfen es laut Baugenehmigung maximal 40 Dezibel (nachts 38) sein. Die Messungen, um diese Vorgaben der Baugenehmigung zu überprüfen, stünden noch aus. Hoffnung macht ihnen die Drosselung von Anlagen des gleichen Typs (vom Hersteller General Electric Company für Kanada mit Mindestabständen von 2,5 Kilometer zur Bebauung konstruiert) im Windpark Sonnefeld (Landkreis Coburg), nachdem Messungen ergaben, dass die Emissions-Grenzwerte überschritten wurden.
Mehr als 50 Unterschriften für die Lärmmessung haben die Eheleute Vogl im Dorf gesammelt. Dabei hat ihnen mancher auch die Tür vor der Nase zugeschlagen oder sie beschimpft. „Man plaudert nicht ehrlich darüber, weil manche Angst haben, dass sie Probleme bekommen“, meint Heike Vogl. Das befürchtet auch eine Nachbarin, die ihren Namen nicht genannt wissen möchte. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Decke über den Kopf zu ziehen“, meint sie.
„Es ist eine einzige Katastrophe“, schimpft Matthias Berg, der auf der anderen Seite Gärtenroths am Dorfweiher wohnt. Hier hört er nicht nur die Rotoren auf dem Reinberg, sondern auch die auf der Kirchleuser Platte. „Es klingt wie ein Airbus 380“, meint er. Besonders bei Nord-Ost-Wind sei das Dröhnen unerträglich. „Die Energiewende ist schön, aber, was bringt es mir, wenn ich die Windräder vor der Nase habe und in Tschechien steht das nächste Kernkraftwerk?“
„Wenn man die Windräder hören will, dann hört man sie auch“, sagt Holger Sattler, Inhaber des Hotels und Restaurants „rot“. Dank Schallschutzfenstern hätten weder seine Gäste noch er selbst Probleme mit den Rotoren-Geräuschen. Nur im Biergarten wunderten sich die Gäste bei Nord-Ost-Wind öfter, wenn es klinge, als fliege ein Flugzeug vorbei. Allerdings wisse er von einer Mitarbeiterin, dass sie nachts sogar die Rollos am Schlafzimmerfenster schließe, weil nicht nur das Rauschen, sondern auch die Lichter der Rotoren störten.
Über die „massive Lärmbelästigung, vor allem nachts“, ärgern sich Helga und Willi Grasser aus Kirchlein. Rund 800 Meter vom ersten Windrad entfernt steht ihr Haus am Hang des Reinbergs. „Zum Glück liegt unser Schlafzimmer auf der anderen Seite des Hauses, sonst könnten wir nachts nicht einmal ein Fenster aufmachen“, sagt Helga Grasser. „Auch viele Befürworter des Windparks sind entsetzt über die Lärmbelästigung“, betont sie. „Das permanente Rauschen ist belastend, das hätte ich so nicht erwartet“, bedauert Yvonne Fiedler aus Kirchlein. Sie und ihr Mann Stefan, die das letzte Haus am Ortsrand in der Weinleite bewohnen, hatten zuvor eigens einen Windpark besucht, um sich einen Eindruck zu verschaffen, doch die tatsächliche Belastung könne nur der ermessen, der dem Rauschen rund um die Uhr ausgesetzt ist.
„Es wäre gut, wenn die Rotoren nachts ab 22 Uhr abgeschaltet würden“, meint Birgid Rupp aus Wildenroth. Gesundheitliche Auswirkungen spüre sie nicht, doch öfter müsse sie die Fenster schließen, wenn das Geräusch der Rotoren, je nach Windrichtung, ansteige. Mehr als der Lärm störe sie allerdings die Rodung des Walds, obwohl sie die Energiewende grundsätzlich befürworte.
Petition aus Wildenberg an Landtag
Massive Beschwerden haben auch die Jagdpächter erhoben, die beklagen, dass der Lärm das Wild vertreibe. Und Bürger aus Wildenroth bitten mit einer Petition den Landtag um Hilfe.
„Wer für Windkraft ist, der sagt, das ist kein Problem, aber die anderen hören etwas mehr“, meint Edwin Bauersachs, Ortssprecher von Gärtenroth. Wenn der Wind von Nordosten komme, seien die Rotoren zu hören, doch meist wehe er aus anderen Richtungen. Positiv findet Bauersachs, dass die Gärtenrother auch wirtschaftlich vom Windpark profitieren, obwohl die Rotoren jenseits der Landkreisgrenze stehen – etwa in Form von Vereinsförderung durch die Betreiber.
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