
Ein erfolgreicher Kaufmann und frommer Jude war für den Schriftsteller Jean Paul in seinen Bayreuther Jahren die wohl wichtigste Bezugsperson außerhalb seiner Familie. Die Rede ist von Emanuel Samuel oder – wie er ab 1814 hieß – Emanuel Osmund. Bei einem Vortrag der Bezirksgruppe Burgkunstadt/Altenkunstadt des Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) im Kulturraum der ehemaligen Synagoge informierte Bezirksheimatpfleger Dr. Günter Dippold über das Leben des gebürtigen Altenkunstadters als „einem Musterbeispiel für jüdisches Dasein an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert“.
„Der Dichter schätzte nicht nur den Austausch über seine Arbeiten und über schöngeistige Fragen, sondern auch die lebenspraktische Hilfe, die ihm der jüdische Kaufmann angedeihen ließ“, erklärte der Referent. Doch wer war dieser Mann, der am 6. Juni 1766 am Obermain das Licht der Welt erblickte? Emanuels Vater Samuel Enzel stammte aus dem mittelfränkischen Uehlfeld. Er heiratete die Altenkunstadterin Rösle und ließ sich in deren Heimatort nieder. „Emanuel war gerade ein Jahr alt, als seine Eltern nach Bayreuth zogen.“ Sein Vater Samuel sei, wie so viele fränkische Juden, Hausierer gewesen, was ihm nach seinem typischen Handelsgut den Beinamen „Bänder-Schmul“ einbrachte. Im Gegensatz zu vielen Hausierern, die zeitlebens arm blieben, brachte er es zu Wohlstand.
Besitzer großer Rittergüter
Sein zweiter Sohn Emanuel, ein orthodox frommer Jude, habe das Familienvermögen vergrößert. Er habe nicht nur Grundbesitz gekauft und wieder verkauft, sondern sei auch in der Verwaltung von Gütern erfolgreich gewesen. So gebe es 1812 einen Hinweis auf Besitz Emanuels in Himmelkron. Drei Jahre später habe er dem verschuldeten Friedrich Wilhelm von Aufseß seine Rittergüter Weiher, Neidenstein, Freienfels und Kainach abgekauft. „In Döhlau wandelte er bis dahin nicht genutztes Ödland in Felder und Wiesen um. Dies kam vor allem im Hungerjahr 1817 auch den Ortsbewohnern zugute“, berichtete der Bezirksheimatpfleger. Emanuels wirtschaftliche Aktivitäten reichten über Franken hinaus. So sei er 1832 an der Zerschlagung des Klosterguts Scheyern bei Pfaffenhofen an der Ilm beteiligt gewesen.
Dippold zufolge verkörpert Emanuel die „Zwiespältigkeit jüdischer Existenz im Zeitalter der Staatsaufklärung“. Als akzeptiertes Mitglied der Gesellschaft habe er zur Wirtschaftselite des Fürstentums Bayreuth gehört und sei „gleichsam auch Bürger der deutschen Gelehrtenrepublik in der Aufklärungsperiode gewesen“. Als Jude wurde er jedoch diskriminiert. So sei er 1793 von zwei Offizieren aus der Familie von Lindenfels, die seine Anwesenheit bei ihrer Schwester als ehrverletzend verstanden, misshandelt worden: „Zerschlagen und ohne Besinnungskraft und Gehör lag er viele Monate auf dem Bette“. Emanuels Gehör habe dauerhaft gelitten; zeitlebens sei er auf ein Hörrohr angewiesen gewesen.
Als Jude habe er seine Rittergüter nicht offiziell erwerben können. Formal hätten sie weiterhin den Voreigentümern gehört, er sei auf dem Papier lediglich deren „Special-Bevollmächtigter“ gewesen. Da es aus staatlicher Sicht in Bayern undenkbar war, dass ein Jude die mit den Rittergütern verbundene Gerichtshoheit ausübt („Er hätte dann ja Herrschaftsrechte über Christen besessen“), versuchte Emanuel 1819, die Erhebung in den Adelsstand zu erlangen: „Obwohl ihm die Behörden einen unta-deligen Leumund bezeugten, kam der König seiner Bitte nicht nach“.
„Ich und Sie gehören
zusammen – unsere
Bekanntschaft ist kurz, aber unsere Verwandtschaft ist ewig.“
Jean Paul lernte Emanuel im Spätsommer 1793 in Bayreuth kennen, als dieser sich von der schweren Misshandlung erholte. Im September 1794 habe ein reger Briefwechsel begonnen, der bis zum Tod des Dichters währte. „Ich und Sie gehören zusammen – unsere Bekanntschaft ist kurz, aber unsere Verwandtschaft ist ewig. Meine Seele ist nicht Widerhall der Ihrigen, sondern Echo und Klang fließen zusammen, wenn sie nahe aneinander sind, in der Physik und in der Freundschaft“, zitierte der Referent aus dem ersten Brief Jean Pauls an Emanuel. Von seinem Freund habe der Dichter viel über das jüdische Glaubensleben gelernt.
In Namen spiegele sich, wie herzlich das Verhältnis zwischen beiden war. Das bayerische Judenedikt von 1813 habe Juden erlaubt, einen unveränderlichen Familiennamen anzunehmen: „Jean Paul unterbreitete Emanuel mehrere Vorschläge, aus denen er 1814 den Namen Osmund wählte, was so viel wie Beschützer bedeutete“. Emanuel Osmund heiratete erst mit 50 Jahren. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, zwei überlebten jedoch das Kindesalter nicht. Emanuel starb 1842 in Bayreuth. Beigesetzt wurde er auf dem Jüdischen Friedhof. Laut Dippold trägt der Grabstein seinen Namen in lateinischen Buchstaben, sonst aber eine hebräische Inschrift.
Zum Werk von Margareta Paravan
CHW-Bezirksgruppenvorsitzende Jutta Löbling wies auf den Vortrag am Donnerstag, 16. April, um 19.30 Uhr im katholischen Pfarrsaal in Burgkunstadt hin. Diplomtheologe Josef Motschmann aus Schönbrunn referiert zum Thema „Waldblumen zwischen Hof und Burgkunstadt: Zum Leben und Werk der Margareta Paravan, geb. Ahles“. Thomas Schaller übernimmt mit der Gitarre die musikalische Ausgestaltung.
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