BURGKUNSTADT

Klarheit über BFS-Jobs bis Ende März

Schieflage: Nur noch bis Ende Juni wird Baur Fulfillment Solutions am Logistik-Standort Seewiese die Waren für Fressnapf... Foto: Gerhard Herrmann

„Wir versuchen Zeit zu gewinnen, um möglichst viele unserer guten Mitarbeiter für künftige Aufgaben zu halten“, sagt Friedrich-Georg Lischke, Sprecher der Geschäftsführung von Baur Fulfillment Solutions (BFS). Bis Ende März hoffe er sagen zu können, welche Auswirkungen die Vertragskündigung von Fressnapf haben wird. Wie berichtet, sind bis zu 280 Arbeitsplätze von dem Absprung des Großkunden zum 30. Juni betroffen.

„Absolute Chefsache“ ist die Bewältigung des geschäftlichen Rückschlags für die Logistik-Tochter der Baur-Gruppe. Vor allem möchte Lischke den betroffenen Mitarbeitern möglichst bald sagen, ob sie eine Zukunft im Unternehmen haben. Einerseits aus Fairness ihnen gegenüber, andererseits, um den „Jo-Jo-Effekt“ zu vermeiden, erst gut ausgebildete Mitarbeiter zu entlassen und später wieder neue suchen und ausbilden zu müssen. Daher habe die Geschäftsführung zusammen mit dem Betriebsrat bereits einen Tag nach der endgültigen Vertragskündigung am 17. Februar die Belegschaft informiert und spätestens zwei Tage später hätten es alle Betroffenen in persönlichen Gesprächen erfahren, betont Lischke.

Der Mindestlohn habe bei der Vertragskündigung wohl keine Rolle gespielt, auch wenn Kosten zu den strittigen Punkten gehörten. BFS habe die Einführung genutzt, um nicht nur den untersten Lohngruppen, sondern „auf allen Ebenen Anreize für Mitarbeiter zu schaffen“, so der Geschäftsführer. Durch höhere Effizienz im Betriebsablauf seien die Kosten wieder auszugleichen.

Gute Chancen für Call-Center-Jobs

Die größten Chancen sieht er für die rund 30 Mitarbeiter im Call-Center, die relativ einfach in anderen Bereichen eingesetzt werden könnten. Schwieriger werde es dagegen für die rund 250 Mitarbeiter am Logistikstandort Seewiese, da wegen der schweren Futter- und Katzenstreusäcke, die dort bewegt werden, der Anteil von Männern relativ hoch sei. Während in anderen Unternehmensteilen bis zu zwei Drittel Teilzeitkräfte eingesetzt werden, seien die Männer meist Ganztagsbeschäftigte. Die bereits ausgesprochenen Kündigungen für Aushilfen und Teilzeitkräfte seien allerdings nicht auf die Vertragskündigung zurückzuführen, sondern auf Korrekturen des Bedarfs durch Fressnapf, die üblicherweise zum Jahreswechsel erfolgen.

„So sehr wir die Kündigung von Fressnapf bedauern, am härtesten trifft uns der Zeitpunkt, weil wir noch keine Ersatzkunden haben“, erklärt Lischke. Rund ein Jahr werde es wohl dauern, bis neue Kunden aufgebaut sind, wenn nicht gerade der Zufall dem Unternehmen zu Hilfe komme. Schließlich werden die Verträge in der Branche meist auf zwei bis fünf Jahre abgeschlossen.

Dabei habe sich BFS nach einer Phase der Konsolidierung in den vergangenen beiden Jahren gerade wieder auf Expansionskurs begeben, um das Neukundengeschäft auszuweiten. „Unser Ziel ist allerdings nicht Wachstum um jeden Preis, sondern ein langfristiger und profitabler Wachstumskurs“, betont der Geschäftsführer. Da Fressnapf als Tierfutterhändler im Kundenkreis die Ausnahme gewesen sei, halte sich der langfristige Schaden in Grenzen, auch wenn der Verlust von 15 Prozent des Umsatzes spätestens im nächsten Geschäftsjahr, das im März beginnt, die Bilanz trüben werde. Gelinge es nicht rechtzeitig, neue Kunden zu gewinnen, sei die angepeilte „Schwarze Null“ wohl nicht zu erreichen. Genaue Umsatzzahlen wollte Lischke nicht nennen, bevor die Folgen der Kündigung genau zu beziffern sind.

BFS werde sich jetzt verstärkt auf die Bereiche Mode und Lifestyle konzentrieren, betont Lischke. „Dank der Erfahrung und der besonderen Glaubwürdigkeit der Baur-Gruppe in diesem Marktbereich haben wir hier die größten Chancen.“ Angesichts der hohen Konkurrenz gerade von Logistikfirmen sei es wichtig, den Kunden besondere Qualität zu liefern. Mit Dienstleistungen von der Einrichtung eines Web-Shops über den Kundendialog bis hin zu Versand und Abrechnung übernehme BFS die Verantwortung für die komplette Warenabwicklung und damit auch für 20 bis 30 Prozent vom Gesamtumsatz.

„Wir sind als Allrounder eher mit einem Zehn-Kämpfer zu vergleichen, der auf vielen Gebieten punktet, aber nicht die Goldmedaille im Sprint erringen wird“, erläutert der Geschäftsführer. Daher sei es entscheidend, dem Kunden den Mehrwert der Leistungen zu verdeutlichen. „Unsere Mitarbeiter, die für S.Oliver zuständig sind, müssen sich fühlen, als würden sie für den Modehersteller arbeiten, die für Fressnapf zuständigen, als wären sie dort beschäftigt“, betont er. Dass diese Identifikation mit dem Kunden Früchte trägt, beweise die jüngste Studie über Kundenzufriedenheit des ECC Köln mit 105 Unternehmen: BFS-Kunde S.Oliver erreichte 78,8 von 100 möglichen Punkten und Fressnapf 79,4 Punkte (das Gesamtergebnis lag zwischen 71,6 und 83,5 Punkten). Vor allem der Service sei hier überdurchschnittlich bewertet worden. Vor dem Hintergrund dieser guten Noten sei die Kündigung des seit 2009 betreuten Futtermittelhändlers umso bedauerlicher.

„Dank der Erfahrung und der besonderen Glaubwürdigkeit der Baur-Gruppe im

Marktbereich Mode und Lifestyle haben wir hier die größten Chancen.“

Friedrich-Georg Lischke Sprecher der BFS-Geschäftsführung

Durch die Konzentration auf das Kerngeschäft Mode und Lifestyle werde BFS auch weniger abhängig von einzelnen Kunden, da die Belegschaft leichter in anderen Bereichen eingesetzt werden könne, erklärt Lischke. Auf dem Prüfstand steht auch der Logistikstandort Seewiese, der von der Friedrich-Baur-GmbH gemietet ist. Wegen der Lage sei er ideal, doch letztlich geben die Auslastung durch neue Kunden den Ausschlag.

Baur Fulfillment Solutions

Das Dienstleistungsunternehmen Baur Fulfillment Solutions (BFS) wurde als Tochter der Baur-Gruppe 2004 gegründet. Es übernimmt den kompletten Warenverkehr vom Web-Shop über den Kundendialog, den Warenumschlag bis zu Retouren und Zahlungsabwicklung für Kunden wie S.Oliver, Nestlé/Schöller, Klingel oder Kaeser, aber auch für die Konzernmutter Baur (Kundendialog).

Rund 1700 Mitarbeitern werden in den Standorten Burgkunstadt, Altenkunstadt und Weismain sowie in Call-Centern in Neustadt bei Coburg und Lagerflächen in Sonnefeld und Grub am Forst beschäftigt.

Etwa 25 Millionen Warensendungen wickelt BFS im Jahr ab und sieben Millionen Retouren. Die Lagerfläche in Weismain umfasst rund 15 000 Quadratmeter, der Standort Seewiese in Burgkunstadt weitere 13 000 Quadratmeter.

Sprecher der BFS-Geschäftsführung ist seit Oktober 2014 Friedrich-Georg Lischke, der das Unternehmen zusammen mit Dr. Marco Dahm (CFO) leitet.

Zuversichtlich: Den Kurs von BFS sieht Geschäftsführer Friedrich-Georg Lischke durch den Verlust von Fressnapf als Kunde...

Schlagworte