COBURG

Von Coburg nach Redwitz geschnurrt

Pionier am Steuer: 15 Stundenkilometer schnell, 400 Kilogramm schwer und aus Holz. Vor 125 Jahren wurde 1888 in Coburg d... Foto: StadT Coburg

15 Stundenkilometer schnell, 400 Kilogramm schwer und aus Holz. Vor 125 Jahren wurde 1888 in Coburg das erste vierrädrige Elektromobil erfunden. Zu Ehren des Erfinders Andreas Flocken haben die Stabsstelle Umwelt der Stadt Coburg und das Coburger Designforum Oberfranken eine Ausstellung im Ämtergebäude organisiert.

Als Andreas Flocken 1879 nach Coburg zog, waren der wirtschaftliche Aufschwung und die Industriealisierung auch dort voll im Gange. Durch die Eröffnung des Bahnhofs 1859 hatte die oberfränkische Stadt endlich einen Anschluss an den Zugverkehr: für das Wachstum der Industrie enorm wichtig. Ausschlaggebend für den Aufschwung Coburgs war auch die damalige Politik unter Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha. Der Herzog gewährte in seinem Herzogtum Gewerbefreiheit. „Die Unternehmer waren also nicht zunftgebunden und hatten so sehr viel Freiraum. Das gab es sonst nirgends“, sagt Professor Auwi Stübbe.

„Vor allem deshalb zog es viele Erfinder wie Flocken nach Coburg“. Bis 1900 verdoppelte sich die Bevölkerungszahl in Coburg innerhalb eines halben Jahrhunderts auf 22 000. Der Boom hielt bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs an.

Andreas Flocken beschäftigte sich nicht ausschließlich mit Elektrofahrzeugen: 1880 baute der gebürtige Pfälzer in der Callenberger Straße seine Firma für Landwirtschaftsmaschinen. Dort widmete sich der gelernte Schlosser und Mechaniker auch der Sparte Dampfmaschinen. Fast zehn Jahre später beschäftigte er sich mit der Entwicklung von elektrischen Autos.

Flocken erzeugte seinen Strom selber: Er war Teilpächter der Schleifmühle und betrieb dort einen Generator. Ein nahegelegenes Hotel mit Strom zu versorgen, wurde dem Fabrikanten jedoch durch die Stadt Coburg untersagt.

1888 war es dann endlich so weit: Flockens hölzernes Elektromobil war fertig. In etwa zweieinhalb Stunden schaffte der Erfinder es damals mit seinem Gefährt bis zur letzten Anhöhe vor Redwitz. Für die restliche Strecke reichte die Batterie allerdings nicht mehr aus. Die Redwitzer halfen Andreas Flocken dabei, sein Auto bis zum Ziel zu schieben. In Redwitz besaß der Pionier sein eigenes Wasserkraftwerk. Mit einer frisch aufgeladenen Batterie meisterte sein Umweltfahrzeug den Rückweg nach Coburg problemlos.

Ob Andreas Flocken tatsächlich der erste Erfinder des Elektromobils war, ist ungewiss. Bereits 1881 wurde in Frankreich ein Elektromobil mit drei Rädern von Gustave Trouvé erfunden und auch das Berliner Unternehmen Siemens brachte ein Jahr später ein Elektrofahrzeug auf den Markt. Es steht jedoch fest, dass die Erfinder nichts voneinander wussten, da es zu Flockens Lebzeiten nicht üblich war, über so große Entfernungen zu kommunizieren.

„Der innovative Geist Andreas Flocken ist noch überall präsent.“
Auwi Stübbe Professor

Die Mobile von Trouvé und Siemens sind neben Andreas Flockens Elektromobil ebenfalls Themen der Ausstellung.

Flocke ist ein Beispiel für das Aufkommen von Ideen, an die vorher keiner geglaubt hat. Das Erfinden seines ersten klimaneutralen Autos sollte definitiv als Pioniertat angesehen werden. Im 19. Jahrhundert und später im 20. Jahrhundert gab es für die Elektroautos allerdings nur wenig Perspektiven. Die Industrie hat darauf gedrängt, Tankstellen auszubauen. Die Elektroenergie hatte keinerlei Möglichkeiten gehabt mitzuhalten.

Wie man in Norwegen derzeit sieht, hat die Elektromobilität unter passenden politischen Voraussetzungen mittlerweile durchaus große Chancen, denn dort hat die Anzahl der zugelassenen Tesla (Elektro-Sportwagen) die Anzahl des zugelassenen VW bereits übertroffen. Und Automobilhersteller BMW hat viel in die Entwicklung von Elektroautos investiert. Das Resultat wird bereits in Serie produziert. Definitiv werden die Elektroautos im Rahmen des Klimaschutzes noch an Bedeutung gewinnen. Wäre Flockens Idee von Anfang an weiter worden, hätte die Autoentwicklung einen völlig anderen Weg genommen.

„Ich erwarte, dass sich breite Kreise der Bevölkerung für die Innovation in Coburg interessieren. Der innovative Geist Andreas Flockens ist noch überall präsent“, so Professor Auwi Stübbe über die Ausstellung. Die Ausstellung wird am heutigen Dienstag um 18 Uhr durch den Historiker Cristian Boseckert mit einem Vortrag über Flocken und die damaligen Gegebenheiten eröffnet. Zu diesem Anlass werden Nachkommen von Andreas Flocken erwartet.